Auf der Suche nach innerer Balance
Juri Knorr (25) ist längst einer der vielversprechendsten Handballer seiner Generation. Ein ebenso hochtalentierter wie sensibler junger Mann mit dem Mut, der Neugier und dem Willen, sich selbst immer wieder neu zu definieren. Warum sein Wechsel nach Dänemark keine Flucht aus der Bundesliga ist und mehr als der nächste Schritt seiner sportlichen Entwicklung, erzählt er in „Bock auf Handball". Wir haben Juri Knorr in Aalborg besucht.
Das Gigantium ist ein Schlaraffenland für Bewegungsenthusiasten: drei Sporthallen, zwei Eishallen, eine familienfreundliche Schwimmhalle mit verschiedenen Becken und einem Wellnessbereich, zudem eine typisch dänische Cafeteria. Es ist die Heimat von Aalborg Håndbold. Geschäftsstelle, Fanshop, Arena, Krafträume, medizinische Abteilung – alles unter einem großen Dach. Durchaus bemerkenswert im Spitzensport: Seit nun mehreren Jahren in Folge erwirtschaftet der Vorzeigeklub im Land des viermaligen Weltmeisters finanzielle Überschüsse. Hier, so könnte man sinnbildlich meinen, fließen Milch und Honig. Doch genau dort, wo das sportliche Herz des dänischen Meisters schlägt, in der Mannschaftskabine, stehen – große Dosen mit Süßigkeiten.
Süßigkeiten? Juri Knorr musste zu Beginn gleich zwei Mal verwundert hinschauen. Weingummi, Lakritz, Schokolade, Gebäck. All die dänischen Leckereien, die sich so sehr mit den Attributen eines Berufssportlers beißen. Oder doch nicht? Für den Rest seiner neuen Mannschaft ist es Alltag. Ein Ritual nach jedem Spiel. Für Juri ist es ein Moment der Irritation, ein kleiner Schock der Kultur. Er hat gelernt, dass Handball Profisport bedeutet, Fokus, Disziplin, Ernährung – und hier, im beschaulichen Dänemark, mischt sich in diese Strenge etwas anderes: Lockerheit, ein Stück Freude, fast schon kindliche Normalität.
Er greift kaum zu. Stattdessen beobachtet er. Ein Mitspieler lacht über einen missglückten Pass, ein anderer gibt mit Nachdruck Anweisungen, und Juri versucht, die Gespräche zwischen Englisch, Dänisch, Norwegisch und Schwedisch zu verfolgen. Er ist auf der Suche nach seinem Platz, auf der Suche nach Verbindung. Die Süßigkeiten sind für ihn mehr als Zucker – sie sind ein Sinnbild für diese neue Kultur und den Spagat, den er jeden Tag bewältigen muss: ein Zeichen dafür, dass man Arbeit und Lebensfreude nicht gegeneinander ausspielen muss.



