Seine schwedischen Freunde und Mitspieler rufen ihn ″äpplet″, seine deutschen ″Apfel″. Mikael Appelgren ist zweifelsohne ein Unikum. Einer, der als Spassvogel der Bundesliga gilt. Dessen Unterhaltungswert allerdings auch in zuweilen spektakulären Leistungen auf dem Handballfeld begründet liegt. Doch hinter dem 33 Jahre alten Torhüter der Rhein-Neckar Löwen liegen schwierige Zeiten, in denen er beinahe sein Lachen verloren hätte. ″Bock auf Handball″ hat den Schweden für Ausgabe 10/2023 in Heidelberg besucht und ist dabei der Frage auf den Grund gegangen: Wer ist eigentlich Mikael Appelgren? Hier findet ihr die zusätzliche Fragen und Antworten des Interviews mit dem Torhüter.

Bock auf Handball: Und was einige nicht wissen: Du bist sehr kreativ und malst gerne. Hat Dir die Malerei in der Zeit deiner Verletzungen auch helfen können?

Mikael Appelgren: Also, ich male jetzt nicht besonders viel. Aber ja, es stimmt, ab und zu mache ich das. Ich habe damit schon vor einigen Jahren angefangen, als ich gemerkt habe, dass ich zu sehr mit Handball beschäftigt war. Da hatte ich sehr viel im Kopf, sehr viel Druck, sehr viel Stress mit dem Meisterschaftsrennen und so weiter. Da habe ich dann irgendwann nach einer Ablenkung gesucht und mir irgendwelche Videos im Internet angeschaut. Bis ich mir dachte: Cool, lass uns das einfach mal ausprobieren. So ging es los.

BAH: Wo kommt Deine künstlerische Ader her?

MA: Tja, das ist eine gute Frage. Eines ist erst mal ganz wichtig: Ich bin bei weitem kein guter Maler oder Zeichner und auch nicht furchtbar kreativ. Ich lasse das an der Leinwand einfach mal raus. Und das tut mir einfach gut. Ich kann mich damit gut ablenken, also hilft das natürlich auch in nicht so leichten Phasen. Ich glaube, das ist grundsätzlich ein Thema bei mir. Ich lebe den Handball fast 24 Stunden am Tag. Und ich denke, man muss da einfach eine gesunde Balance finden, um sich wohlzufühlen. Wo das herkommt? Ich habe, schon als ich klein war, mit meiner Mutter viel gemalt, ich fand das immer lustig.

Mikael Appelgren

BAH: Bist Du eitel?

MA: Ja und nein, würde ich sagen. Ich mag es auch, wenn man sich nicht zu ernst nimmt. Ich finde ich es manchmal auch gut, Leute zu provozieren, mich ab und zu ein bisschen hässlich zu machen. Dann merke ich, dass es die Leute in der Kabine ein bisschen nervt, und das finde ich witzig. Auf der anderen Seite gibt es mir auch ein gutes Gefühl, was Schönes anzuziehen und das auch von aussen bestätigt zu bekommen. Ich habe auch heute Morgen vor dem Interview gedacht: Was soll ich heute mal anziehen? Jetzt ist es ein einfaches Hemd geworden.

BAH: Was ja echt ziemlich ″normal″ für Dich ist. Ich erinnere mich noch an die Sache mit den Flamingos.

MA: Ah ja, die Flamingos.

BAH: Wie war das?

MA: Das ging los mit einem Seifenkistenrennen vor der SAP Arena mit Sponsoren. Ich war mit Jannik Kohlbacher in einem Team. Wir waren dann in einem Shop und da gab es aufblasbare, pinke Flamingos. Ich hab ihm dann gesagt, komm, lass uns mal was Lustiges machen und unsere Seifenkiste mit Flamingos dekorieren. Wir haben dann auch Helme mit Flamingos gehabt. Ich fand das witzig. Aber es war Wahnsinn, was dann passiert ist, weil ich dann plötzlich ganz viele Sachen von Fans bekommen habe: Kuscheltiere, Badelatschen, Karten mit Flamingos, Tüten mit Flamingos. . .

BAH: . . . Wanddeko mit Flamingos, Lampen mit Flamingos. . .

MA: . . .eine Giesskanne mit Flamingos habe ich auch noch gekriegt. Und ich könnte Dir noch viel mehr Dinge nennen. Es kam auf jeden Fall super an bei den Fans.

BAH: Und dann gibt es ja auch noch dieses Foto von Dir im T-Rex-Kostüm.

MA: Haha, genau, solche Sachen mag ich auch hin und wieder. Es geht bei mir also klamottentechnisch immer hoch und runter. Ich habe meine Tiefen und meine Höhen, würde ich sagen. Im Inneren und im Äusseren.

BAH: Was man so hört, müssen Deine Mitspieler manchmal unter deinen Höhen leiden. . .

MA: Haha, Du meinst meine Scherze?

BAH: Genau. . .

MA: Also, erst mal bin ich auch jemand, der selbst immer viel abgekriegt hat. Ich sage mal so: Ich kann viel geben und auch viel nehmen. Ich find diese Dynamik, dieses Lockere auch wichtig in einer Mannschaft. Jetzt ist die Situation aber ein bisschen anders, weil unser Godfather Andy Schmid ja leider nicht mehr da ist. Der war eigentlich der Beste, was diese Scherze angeht. Jetzt sind viele junge Spieler da, da muss ich mich auch etwas zurückhalten. Ich glaube, ich habe ein ganz gutes Gespür dafür.

BAH: Was machst Du denn so? Oder was hast Du mit Andy so gemacht in der Kabine?

MA: Andy war auf jedenfalls derjenige, der am schlimmsten war (lacht).

BAH: Und Du?

MA: Ich bin gar nicht so wild, glaube ich. Ich mache hier und da mal Witze oder versuche, mal zu provozieren. Aber das ist, glaube ich, ganz normal in einer Mannschaft.

BAH: Welche Rolle hat Andreas Palicka für Dich gespielt, der ja im Sommer 2016 dazukam?

MA: Wir haben ja dann im jeden Spiel permanent gewechselt, weil wir auch so viele Spiele hatten! Champions League, Pokal, Bundesliga. Mit Palle war das dann so eine Entspanntheit, eine Sicherheit, weil man wusste, okay, wenn ich nicht so gut halte, dann kommt er halt rein und umgekehrt. Wir hatten ein Verständnis füreinander und als Typen waren wir auch sehr offen dafür, dass es diese klassische Nummer eins nicht gab. Das war cool. Es hat spielerisch und menschlich gepasst.

BAH: Ihr seid echte Freunde?

MA: Ja, auf jeden Fall. Wir waren auch immer zusammen auf einem Zimmer. Das ist ja auch etwas gefährlich, zwei Torhüter auf ein Zimmer zu packen. Wenn einer krank wird, hätte ja schnell auch der zweite krank werden können. Aber wir haben alles gut hinbekommen, obwohl wir beide schnarchen.



Der schwedische Torhüter Mikael Appelgren
Hinter den Kulissen beim VfL Gummersbach
Stadt, Land, Handball