Mit Herz und Hund

In der Print-Ausgabe 3/2021 von ″Bock auf Handball″ gibt Philipp Weber uns viele ganz private Einblicke. Neben der Liebe zu seinem Hund geht es auch um das Thema Freundschaft, seine Vorbilder und wie er eigentlich zum Handball kam. Denn in jungen Jahren stand Motocross bei Philipp Weber noch sehr hoch im Kurs . . .

Bist Du sehr strukturiert?

Ja, extrem. Bei mir im Büro zu Hause herrscht immer Ordnung, die Ablage stimmt immer. Das ist ein Tick von mir, vielleicht sogar ein ganz angenehmer.

Warum hat ein Handballer ein Büro zu Hause?

Auch wir müssen ja zu Hause Sachen erledigen, und wenn es nur darum geht, Strafzettel zu bezahlen. Oder Versicherungsunterlagen sortieren. Und das ist schöner in einem Raum, wo man vernünftig an einem Schreibtisch arbeiten kann.

Strafzettel? Kommt das öfter vor?

Ja, leider. Ich gehe gerne das Risiko ein, keinen Parkzettel zu holen. Denn wenn ich die bezahlte Zeit überschreite, dann zahle ich am Ende eine höhere Strafe, als wenn ich erst gar keinen Parkzettel löse und ich werde erwischt.

Woher stammt Deine Ordnungsliebe?

Meine Mama war schon immer sehr strukturiert, hat ihre Sachen immer geordnet. Auch mein Opa hatte immer alles genau am rechten Fleck und wusste genau, wo was ist. Das macht vieles einfacher. Und da fühle ich mich einfach wohl mit. Natürlich ist bei mir nicht alles perfekt und es gibt Tage, an denen auch mal etwas herumliegt. Aber spätestens nach zwei oder drei Tagen nervt es mich selbst so ungeheuer, dass ich wieder aufräume.

Philipp Weber

Wie schwierig ist es, diese Ordnung auch in der Kabine oder auf Reisen mit der Mannschaft umzusetzen? Musst Du da nicht manchmal wahnsinnig werden, wenn Du Deine Mannschaftskameraden so siehst?

Tatsächlich: ja! Deshalb bin ich in Leipzig auch unser Kabinenwart und darf die Jungs dann massregeln, dass sie doch bitte mal ihre Sachen wegräumen und ihren Platz aufräumen sollen. Und die Leute, mit denen ich mir unterwegs da Zimmer teile, müssen sich auch ein bisschen anpassen. Bei einigen habe ich allerdings die Hoffnung verloren, da muss ich es dann schweren Herzens akzeptieren. Aber andere konnte ich gut umformen. Das beste Beispiel ist David Schmidt bei der WM in Ägypten, der es am Ende selbst auch toll fand, dass unser Zimmer so ordentlich war.

Hast Du Dich schon mal von einem Zimmerkollegen getrennt?

Nein, so weit ist es dann doch noch nicht gekommen. Wir haben am Ende immer eine Lösung gefunden.

Wie ist das Verhältnis zu Deinen Eltern?

Sehr gut! Ich versuche auch, möglichst oft zu Hause zu sein, insbesondere für meine Nichte und mein Patenkind da zu sein – auch wenn es mitunter zeitlich extrem schwierig ist.

Wie sehr freust Du Dich darauf, mit Deinem Wechsel von Leipzig zurück nach Magdeburg wieder in Deine Heimat zu kommen?

Sehr! Am Anfang habe ich es gar nicht so sehr realisiert, dass ich mit meinem Wechsel zum SCM nach zehn Jahren wieder nach Hause komme und nun jeden Tag wieder daheim sein werde. Aber ich habe zu meinen Eltern auch gesagt, dass ich nicht möchte, dass sie fortan jeden Tag bei mir auf der Matte stehen, nur weil ich dann wieder in Magdeburg bin. Aber natürlich freue ich mich sehr, wieder ganz nah bei der Familie zu sein, wieder viel mehr von ihrem Leben mitzubekommen. Und riesig freut es mich, dass ich jetzt auch tatsächlich ein Teil der Entwicklung meiner Nichte und meines Patenkindes sein kann und nicht immer nur über FaceTime mit ihnen kommunizieren muss. Sie sollen wissen, dass ihr Lieblingsonkel für sie da ist.

Wie ist es dann mit Deinen Freunden in Leipzig?

Ich könnte sie niemals aufgeben! Dafür sind es viel zu tolle Freunde. Und Leipzig ist zum Glück nur einen Katzensprung entfernt. Von daher werde ich, wenn denn mal die Möglichkeit besteht, auch mal für einen Nachmittag hinfahren. Aus den Augen aus dem Sinn, gibt es bei mir nicht!

Stimmt es, dass Du in Deiner Jugend eigentlich nicht Handballer sondern Motocross-Fahrer werden wolltest?

Ja. Ich bin gefahren, war auch ganz gut. Mein Bruder ist vier Jahre älter, und natürlich habe ich zu ihm aufgeschaut, wollte so sein, wie er, obwohl wir uns oft extrem gestritten haben und in der Jugend nicht die besten Freunde waren. Er hat damals in der Fernseh-Serie ″Gute Zeiten, schlechte Zeiten″ Motocross gesehen und meinte daraufhin zu unserem Vater, er wolle das auch mal ausprobieren. Und dann hat er angefangen, Motorrad zu fahren. Ich wollte dann natürlich auch, und sass dann mit vier Jahren erstmals auf einer Maschine und konnte dann quasi früher Motorrad als Fahrrad fahren.

Klingt gefährlich. Hatten Eure Eltern keine Angst um Euch?

Meine Mama auf jeden Fall. Wenn wir unsere Rennen hatten, blieb sie im Wohnwagen und hat das Geschirr gespült und wollte bloss nicht zuschauen. Sie hat dann immer nur über den Rennsprecher mitbekommen, wie der aktuelle Stand war. Aber mein Vater hat uns eher animiert, noch mehr zu geben und uns vertraut. Angst ist auch ein schlechter Begleiter. Gerade in solchen Rennen brauchst Du dann gar nicht erst anzutreten.

Als Handballer spielst Du durchaus mit einer gewissen Risikobereitschaft. Wie war Dein Fahrstil?

Ich hatte auf der Strecke keinen Respekt und habe im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich Gas gegeben. Daraus wurde dann eine Leidenschaft. Zudem hatte ich Talent, konnte erste Erfolge feiern und wurde mit sechs Jahren auch Deutscher Vizemeister. Ich hätte also mit Sicherheit auch Fuss in diesem Sport fassen können. Aber irgendwie kam dann später doch die Handball-Leidenschaft dazu, die mich wieder davon weggezogen hat.

Was war passiert?

Meine Mutter hatte mich zu einem Handball-Schnupperkurs geschickt. Fairerweise muss ich sagen, dass dieser am Anfang aber überhaupt nichts für mich war. Ich bin in eine alte Schulsporthalle gekommen, ganz klein und abgewrackt. Wir mussten mit dem Ball von links nach rechts gehen und umgekehrt. Direkt danach habe ich gesagt, das sei nichts für mich, viel zu langweilig. Aber anscheinend konnte ich damals schon ziemlich gut dribbeln und werfen, denn die Trainern bat meine Mutter, mich unbedingt wieder und wieder hinzuschicken. Und dann musste ich, obwohl ich keinen Bock hatte.

Wann sprang der Funke dann doch über?

Ich glaube, es hat fast ein Jahr gedauert. Aber dann hatte ich extrem viel Spass. Der Handball hatte mir da schon extrem viel gegeben und mich gereizt.

Fährst Du heute noch Motorrad?

Tatsächlich gar nicht mehr. Ich habe mit sieben Jahren aufgehört, Motocross zu fahren, und bin danach vielleicht noch ein oder zwei Mal auf einem Motorrad oder Roller gewesen. Ich würde mir inzwischen niemals ein Motorrad kaufen, weil es für mich im Straßenverkehr schlicht zu gefährlich wäre. Dieses Risiko möchte ich einfach nicht eingehen.

Was für ein Verhältnis hast Du heute zu Deinem Bruder?

Ein viel, viel besseres als damals. Da war ich der Kleine und wurde immer geärgert und getriezt. Und jetzt habe ich sogar manchmal das Gefühl, dass er zu mir aufschaut. Wir haben jedenfalls mittlerweile ein sehr, sehr tolles Verhältnis. So ab dem 17. oder 18. Lebensjahr habe ich es dann wirklich geschätzt, ein Geschwister-Team zu sein. Ich bin froh, dass ich ihn habe!

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